Gabi Becker möchte den Lesebeitrag, welches sie mit vier weiteren Müttern von verstorbenen Kindern geschrieben hat, mit uns teilen: Es war einmal eine Frau, der großes Leid widerfuhr – ihr Kind starb.
Beinahe alles, was bisher in ihrem Leben zählte, wurde mit diesem Kinde begraben. Sie zog sich mit ihrer Familie in eine dunkle Höhle in einem großen, düsteren Wald zurück und verbrachte dort einsame Jahre. Ihr Alltag war geprägt von der mühsamen Suche nach Nahrung, während der Mann alle Hände voll zu tun hatte, die hungrigen Raubtiere zu vertreiben und ihre Feuerstelle zu beschützen. Kein Licht drang durch die dichten Baumkronen, und sie vergaß beinahe, wie es sich anfühlte, wenn die Sonne schien – beinahe...
Eines Nachts, als die Frau wieder nicht schlafen konnte und sich weinend vor ihre Höhle setzte, nahm sie in der Ferne ein leises Schluchzen wahr. Neugierig folgte sie dem Geräusch, kroch durch dichtes Unterholz und entdeckte auf einer kleinen Lichtung die Umrisse einer zusammengekauerten Gestalt. Als sie näher kam, erkannte sie eine Frau, die dieselben Tränen weinte wie sie. Sie umarmten sich in tiefer Verbundenheit und fühlten eine tröstende Wärme, nach der sie sich schon so lange gesehnt hatten. Immer wieder trafen sich die beiden Mütter an ihrem friedlichen Plätzchen, um ihre toten Kinder zu beweinen und um zu hören, was die andere bedrückte.
Mit der Zeit fanden sich drei weitere Frauen ein, die schon lange in der Dunkelheit lebten. In der Gemeinschaft mit den anderen freuten sie sich immer öfter über das wenige Licht, das an diesem Ort zu ihren verkümmerten Seelen durchdrang. So zogen die Jahre ins Land....
Gabi Becker fügt persönlich hinzu: „Noch bevor die Worte „NIE MEHR“ nach dem Tod meines Sohnes Herz und Verstand erreichten, war mir klar, dass mich diese Apokalypse nicht in die Knie zwingen würde. Nur „WIE“ blieb lange Zeit ein großes Mysterium. Stolpern, straucheln, hinfallen, blutend und gekrümmt am Boden liegen, aber: ich atmete weiter – ohne etwas dazu beitragen zu müssen…. Es atmete mich also! Vermutlich weil es einfach der Fluss des Lebens ist zu überleben – meistens. Wie eben auch in unserem Märchen beschrieben.
Danke Gabi, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast!