Der Tod meines großen Bruders war ein Wegweiser in meinem Leben. Ich habe schon mit 21 Jahren meine Mutter verloren, meine beiden Großmutter starben und mein Großvater. Der Tod war mein ganzes Leben über ein Begleiter. Ich habe gelernt, mit ihm zu leben und ihn als das anzuerkennen, was er ist: ein Teil unseres Lebens!

Als mein Bruder die Diagnose bekam, verlor ich kurz den Halt. Ich schaffte es, mich mit der Situation zu arrangieren, unser Verhältnis war nach dem Tod unserer Mutter nicht sehr eng. Nur einige Monate später zog mein Bruder auf die Palliativstation; ich hatte mich nie mit Sterbebegleitung auseinandergesetzt, meine Mutter starb zu Hause - sie und wir vollkommen unbetreut. Ich empfand die Palliativstation als einen Ort der Ruhe und des Respekts und fühlte mich dort sehr gut aufgenommen. Meine Schwägerin und ich saßen täglich gemeinsam am Sterbebett meines Bruders. Damals passierte etwas. Ich übernahm unmerklich die Betreuung meiner Schwägerin und meines Bruders. Mir fielen die Gespräche leicht, ich konnte Wahrheiten ansprechen und Dinge klären. Wir klärten die Details der Beerdigung, ich konnte meine Schwägerin immer wieder abfangen. Wir lernten uns erst jetzt richtig kennen.

Es war kein schöner Tod, mein Bruder tat sich schwer, das Leben sein zu lassen; wir waren sehr geschockt. Doch in mir hatte sich etwas entwickelt: eine Sicherheit darin, Menschen auf dem letzten Weg begleiten zu können. Ohne Scheu, ohne Angst. Ich ließ mir ein paar Wochen Zeit und begann im folgenden Frühjahr meine Ausbildung zur Hospizhelferin. Noch nie in meinem Leben habe ich mich mehr am „richtigen Ort“ gefühlt. Ein Jahr nach dem Tod meines Bruders begann ich ehrenamtlich auch einer Palliativstation zu arbeiten. Ich habe es nie bereut, ich habe mich nie überfordert gefühlt. Ich lerne bei jedem meiner Besuch hinzu, ich spüre meinen großen Respekt vor jedem dieser Menschen, die ihr Leben verlieren. Ich bin mir in dem, was ich tue, sehr sicher. Ich bemerke, dass ich helfen, unterstützen und auch beruhigen kann.

Und ich habe eine neue Freundin gefunden!

Vielen Dank, Katrin @abgerechnet.wird.zum.schluss, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast.